Aus dem Höpfigheimer Ortsarchiv (1)(ca. 3 Minuten Lesezeit)

Erstattung von Strafanzeigen wegen Überschreitung der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit

Weil der Verkehr in unserer Hauptstraße sehr stark geworden ist und insbesondere schnell fahrende Lkws für die Anwohner sehr lästig sind, wurde in den vergangenen Jahren schon öfters der Wunsch nach einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/Stunde laut.
Eine solche Begrenzung wurde aber bislang von der Verkehrsbehörde stets abgelehnt. Wenn wir in unseren alten Gemeinderatsprotokollen zurückblättern, dann können wir feststellen, dass sich bereits im Jahre 1927 die Anwohner der Hauptstraße über den zu schnellen Autoverkehr beschwert haben. Damals war die Hauptstraße weder geteert, noch kanalisiert; auf der Straße fuhren Pferde- und Kuhgespanne, und in ganz Höpfigheim gab es sicher keine fünf Autobesitzer.

Im Oktober 1927 hat deshalb der Höpfigheimer Gemeinderat unter Vorsitz des damaligen Bürgermeisters Kaiser die höchst zulässige Fahrgeschwindigkeit für alle Arten von Fahrzeugen innerhalb Ortsetters auf 20 km/Stunde festgesetzt. Das zuständige Oberamt in Marbach (Höpfigheim gehörte bis 1938 zum Oberamt Marbach und dann zum Landkreis Ludwigsburg) verweigerte jedoch die Zustimmung zu dieser Höpfigheimer Polizeiverordnung. In der Gemeinderatssitzung vom März 1928 wurde über diese Ablehnung verhandelt. Im Sitzungsprotokoll dieser Sitzung heißt es:

Bei nochmaliger Beratung der Angelegenheit wird besonders hervorgehoben, dass in der Hauptstraße ziemlich schmale und kurze Hofeinfahrten direkt auf die Straße gehen, so dass es in letzter Zeit vorgekommen ist, dass Kinder beim Betreten der Straße beinahe vom Auto überfahren worden wären. Der Gemeinderat bittet deshalb das Oberamt, die betreffende ortspolizeiliche Vorschrift zu genehmigen.

Das Oberamt Marbach, das räumlich den Höpfigheimer Belangen sicher etwas näher stand als jetzt das Landratsamt in Ludwigsburg, hatte ein Einsehen, wie aus der dem Gemeinderatsprotokoll vom 20. August 1928 hervorgeht:

Nachdem die ortspolizeiliche Vorschrift vom 24. Oktober 1927, betr. Verkehr mit Kraftfahrzeugen innerhalb Etters vom Oberamt Marbach genehmigt worden ist, ist behufs Erstattung von Strafanzeigen wegen Überschreitung der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit ein Hilfsschutzmann aufzustellen. Hermann Brosi, früher bei der Reichswehr, ist bereit, diese Funktion zu übernehmen. Beschluss: Den Hermann Brosi von heute an als Hilfsschutzmann aufzustellen und ihm pro Stunde Dienstzeit 1 RM (Reichsmark) als Belohnung zu verwilligen.

Anmerkung des Verfassers:

Wie man sich die Durchsetzung der Geschwindigkeitsbegrenzung vorgestellt hat, das geht aus den Akten nicht hervor. Messgeräte standen ja damals noch nicht zur Verfügung. Ob kontrolliert und wie oft bestraft wurde, lässt sich auch aus den Gemeindepfleger-Rechnungsbüchern der Jahre 1928/29 nicht entnehmen, weil dort nur summarisch „Geldstrafen“ angegeben sind, aber nicht um welche Art es sich dabei handelt. Auch Besoldungsausgaben für einen Hilfsschutzmann sind dort nicht aufgeführt. Es ist anzunehmen, dass die ganze Angelegenheit nicht mehr weiterverfolgt worden ist.

Hermann Brosi, Bauer und Weingärtner (sein Haus war nordwestlich an das Gasthaus „Krone“ angebaut) stammte aus Großbottwar. Er war Soldat im Ersten Weltkrieg und blieb dann nach Kriegsende noch eine Zeit lang bei der neu geschaffenen „Reichswehr“ (das nach dem Versailles Vertrag auf 100.000 Mann beschränkte deutsche Heer). Er war dort in der Küche tätig.
Hermann Brosi war ein sehr geschätzter Bürger und Höpfigheimer Hausmetzger, der eine hervorragende Wurst, insbesondere Bratwürste, machen konnte.

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