Vorwort
Eine Dokumentation über unsere Gefallenen mehr als 70 Jahre nach Beendigung des ersten und über 40 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges anzufertigen, ist nicht ganz einfach. Bei den alljährlich im November vor unserem Gefallenenehrenmal in Höpfigheim stattfindenden Gedenkfeiern ist mir jedoch schon vor Jahren immer wieder bewusstgeworden, dass die Namen der Gefallenen auf dem Ehrenmal für die jüngere Generation, die den letzten Krieg nicht mehr erlebt hat, nicht ausreichend sind, um eine Beziehung zu unseren Gefallenen und den zwei großen Katastrophen unseres Vaterlandes herzustellen. Um sich eine Vorstellung von einem Menschen machen zu können, braucht man etwas, das seine Persönlichkeit kennzeichnet, und das ist in erster Linie ein Bild, ein Foto, wie er aussieht oder ausgesehen hat. Es ging mir deshalb zunächst darum, Fotos der Gefallenen bei den Hinterbliebenen und Verwandten zu sammeln. Bei den Gefallenen des Ersten Weltkrieges stieß ich sehr schnell auf Schwierigkeiten, weil bei einigen keine Nachkommen oder nähere Verwandten vorhanden sind oder weil einfach keine Bilder aufzufinden waren. Die Bilddokumentation über die Gefallenen ist zu hoffen, dass von einigen Gefallenen noch Fotos aufgefunden und die Bildtafeln ergänzt werden können. Um entsprechende Mithilfe der Höpfigheimer Bürger wird an dieser Stelle gebeten.
Bei den Höpfigheimer Gefallenen des Zweiten Weltkrieges war es jedoch möglich, eine vollständige Bilddokumentation zu erstellen. Aber auch hier hat die Suche nach Fotos umfangreiche Nachforschungen bedurft; zum Teil mussten aus kleinformatigen Gruppenaufnahmen Einzelaufnahmen und entsprechende Vergrößerungen angefertigt werden. Bei sämtlichen Fotos der Bildtafeln (auch der des Ersten Weltkrieges) handelt es sich um von mir angefertigte Reproduktionen von Originalbildern. Bei der Auswahl der Bilder wurde darauf geachtet, dass der Gefallene in Wehrmachtsuniform bzw. in Heeresuniform (Erster Weltkrieg) abgebildet ist, weil diese Aufnahmen zumeist nicht lange vor dem Tod gemacht wurden, und weil die Uniform die absoluten Ausnahmezeiten der zwei Weltkriege symbolisiert. Bei den Gefallenen, die in Zivil abgebildet sind, lag keine Aufnahme in Uniform vor. Ich habe mit dem Sammeln und Sichten der Fotos vor fünf Jahren begonnen und musste feststellen, dass es höchste, ja allerletzte Zeit war, so etwas zu machen. Es wäre heute schon nicht mehr möglich, sämtliche Fotos zusammenzubekommen, und in weiteren zehn Jahren wäre es sicher unmöglich, eine solche Fotodokumentation zu fertigen. Diese zeitgeschichtlichen Dinge zu sammeln und auszuwerten bevor sie verloren gehen, erschien mir eine wichtige Aufgabe für die Ortsgeschichts-Erforschung, wichtiger als das Aufarbeiten bereits archivierter Epochen vergangener Jahrhunderte. Ich möchte mich an dieser Stelle bei all denen bedanken, die mir dabei geholfen haben.
Beschriftung und Übersichtskarte
Auf dem Höpfigheimer Gefallenenehrenmal sind nur der Name des Gefallenen, das Geburtsjahr und das Todesjahr festgehalten; dies ist auf Ehrenmälern auch nicht anders möglich.
Bei meiner Bilddokumentation wollte ich zum genauen Geburts- und Todestag auch die jetzt noch ermittelbaren Angaben über den Gefallenenort und den Truppenteil aufführen, weil mir es von zeitgeschichtlichem Wert erschien. Der Hinweis auf den Ort, wo der Gefallene beerdigt wurde, möge auch dazu anregen, dort einmal das Grab eines Höpfigheimers zu besuchen und einen Blumenstrauß niederzulegen.
Um einen Überblick über die Gefallenenorte des ersten und Zweiten Weltkrieges zu geben, wurden auf einer Europakarte (Originalkarte im Maße 0,7 × 1,0 m) die entsprechenden Orte mit Punkten verschiedener Farbe und Größe gekennzeichnet. Die Durchnummerierung der Gefallenen auf den Bildtafeln wurde deshalb vorgenommen, um die jeweilige Nummer auf den entsprechenden Punkten vermerken zu können. Die Gefallenen der Heimatvertriebenen sind wegen der Übersichtlichkeit nur auf der Originalkarte festgehalten.
Die Höpfigheimer Gefallenen des Ersten Weltkrieges
Der Wehrdienst vor dem Ersten Weltkrieg – Nach der Gründung des Zweiten deutschen Kaiserreichs 1871 wurde dem damaligen Königreich Württemberg ein eigenes Armeekorps (das XIII. Armeekorps) zugebilligt, das in Friedenszeiten dem Oberbefehl des Königs von Württemberg und im Kriegsfalle, dem des Deutschen Kaisers unterstand. Das XIII. (Königlich Württembergische) Armee-Korps bestand im Jahre 1913 aus vier Infanterie-Brigaden (eine Brigade = zwei Regimenter), zwei Feldartillerie-Brigaden, zwei Kavallerie-Brigaden (mit je 2 Regimentern Dragoner und Ulanen), ein Pionierbataillon und ein Train Bataillon. Die Höpfigheimer, die vor dem Ersten Weltkrieg zur aktiven Ausbildung eingezogen wurden, waren dann auch fast alle bei württembergischen Regimentern, wobei die meisten beim Infanterie-Regiment 121 „Alt Württemberg“ in Ludwigsburg gedient haben. Es folgen in der Häufigkeit: das Füsilier-Regiment 122 in Heilbronn, das Grenadier-Regiment 119 „Königin Olga“ in Stuttgart, das Feld-Artillerie-Regiment Nr. 65 in Ludwigsburg, das Infanterie-Regiment 180 in Tübingen/Schwäbisch Gmünd, das Train Bataillon Nr. 13 in Ludwigsburg, das Infanterie-Regiment 125 in Stuttgart, das Dragoner-Regiment Nr. 25 „Königin Olga“ in Ludwigsburg und das Ulanen-Regiment Nr. 20 „König Wilhelm“, gleichfalls in Ludwigsburg. Sofern die berufliche Tätigkeit Höpfigheimer junger Leute außer Landes geführt hat, dienten sie vereinzelt auch in Regimentern anderer Reichsländer, so z. B. der Sohn des Höpfigheimer Pfarrers Spaich beim Bayerischen Infanterie-Leibregiment in München. Die Höpfigheimer Zimmerleute und Maurer kamen in der Regel zum württembergischen Pionier-Bataillon Nr. 13 nach Ulm.
Nach Artikel 57 der Reichsverfassung von 1871 war jeder wehrfähige Deutsche auch wehrpflichtig, in der Regel ab dem 20. Lebensjahr. Die Friedensstärke des deutschen Heeres wurde durch ein vom Reichstag zu verabschiedendes Reichsgesetz von Zeit zu Zeit immer wieder neu festgelegt und betrug im Jahre 1910/11 = 635 000 Mann in 106 Infanterie-, 51 Kavallerie- und 46 Feldartillerie-Brigaden (1 Brigade = 2 Regimenter). Wegen der damals vorhandenen hohen Geburtenrate und der durch Gesetz festgelegten Truppenhöchstzahl konnten in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg gar nicht alle Wehrfähigen zum Wehrdienst eingezogen werden; man führte deshalb das Lossystem ein. Auch mancher Höpfigheimer war dadurch vom Wehrdienst befreit.
Der Wehrdienst war in Friedenszeit wie folgt festgelegt: „Dienst bei der Fahne“ allgemein = 2 Jahre, bei Kavallerie und reitender Artillerie = 3 Jahre, dann 5 bzw. 4 Jahre Reserve (mit Reserveübungen), dann Landwehr „Erstes Aufgebot“ für 5 Jahre und der Rest Landwehr-Wehrdienstverpflichtung bis zum 40. Lebensjahr. Anschließend erfolgte der Übertritt zum „Landsturm“ (alle Wehrpflichtige vom 17. bis 45. Lebensjahr, die nicht dem Landheer oder der Marine angehörten).
Deutschland konnte deshalb bei Kriegsausbruch 1914 über 25 ausgebildete Jahrgänge verfügen.
Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges
Der Erste Weltkrieg wurde bekanntlich durch die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand (am 26. Juni 1914 in Sarajewo) ausgelöst. Durch Bündnismechanismen bedingt machte Russland am 30. Juli als erste Großmacht General-mobil. Die Mobilmachungen von Frankreich und Deutschland folgten zwei Tage später am 1. August 1914: der Erste Weltkrieg hatte begonnen; „Die Lichter loschen“, wie es später hieß, „in Europa aus“. Die Menschen waren seinerzeit bei Kriegsausbruch von einer ungeheuren Kriegsbegeisterung, nicht nur in Deutschland, auch in Frankreich, Russland und England. In Deutschland waren noch die schnellen Siege von 1670/71 in Erinnerung; man glaubte an einen kurzen Krieg und wollte zu Weihnachten schon wieder zu Hause sein.
Weil es damals eine geraume Zeit benötigte, die Truppen nach der Mobilmachung an die Grenze zu bringen, das Deutsche Reich aber wegen des seit Jahren zwischen Russland und Frankreich bestehenden Militärbündnisses bedroht war, in einen Zweifrontenkrieg verwickelt zu werden, wurde bereits in Friedenszeit vom Deutschen Generalstab der „Schlieffenplan“ entworfen (genannt nach dem langjährigen Generalstabschef). Er sah vor, dass im Kriegsfalle mit Russland/Frankreich möglichst rasch die Hauptmasse der deutschen Truppen zu einer schnellen Entscheidung an die Westfront gebracht wird. Es sollte dann über Belgien und Nordfrankreich von Norden her durch die Einnahme von Paris und des französischen Zentrums eine rasche Kriegsentscheidung getroffen werden, bevor die „russische Dampfwalze“ mit ihrem Millionenheer in das nur mit wenigen Truppen verteidigte Ostdeutschland einbrechen konnte.
Der Einsatz der Höpfigheimer
Nach Kriegsausbruch wurden sofort die aktiven, in den Kasernen sich befindlichen Truppen mit ihren Regimentern nach dem in Friedenszeit ausgearbeiteten Mobilmachungsplan in Güterzüge verladen und an die Front gebracht. Bei diesem ersten Aufgebot waren bereits sechs Höpfigheimer dabei. In der Zeit vom 4. bis 7. August 1914 wurden dann über das Bürgermeisteramt Höpfigheim weitere 44 Reservisten eingezogen. Sie kamen alle zu ihren Regimentern an die Westfront. – Im Laufe des Krieges erhöhte sich die Zahl der Einberufenen auf insgesamt 100 Mann. – In der ersten Woche des Krieges sind bereits sieben Höpfigheimer gefallen. Zu den relativ hohen Verlusten der deutschen Truppen am Anfang des Ersten Weltkrieges hat beigetragen, dass man in nahezu geschlossenen Formationen angriff und dass die Soldaten als Kopfschutz die Pickelhaube trugen, einen mit Leder Überzogenen Blechhelm, der kaum einen Kopfschutz gegen die damals eingesetzten Schrapnells bot (Splitterwirkung). Man hat dann unter Beratung durch den bekannten Chirurgen Prof. Bier den „Stahlhelm“ konstruiert, der im Jahre 1916 an die Truppe ausgegeben wurde und noch im Zweiten Weltkrieg vielen Soldaten das Leben gerettet hat.
Viele Höpfigheimer fanden sich im Felde im gleichen Regiment, vor allem in den Infanterie-Regimentern 120, 121, 126 und den Feld-Artillerie-Regimentern 13 und 65 wieder und blieben dort, oft sogar in der gleichen Kompanie oder Korporalschaft, den ganzen Krieg über zusammen.
Die von der deutschen Heeresleitung angestrebte schnelle Entscheidung im Westen durch den Schlieffenplan scheiterte. Nach der „Marneschlacht“ kam die zügig angelaufene deutsche Offensive über Belgien-Nordfrankreich zum Stehen. Es kam zum bekannten Stellungskrieg im Westen, zum Krieg im Schützengraben, unterbrochen durch verschiedene Versuche von Offensiven durch die Deutschen und durch die Franzosen und Engländer während des Kriegsverlaufes. Der Zweifrontenkrieg, den man unter allen Umständen verhindern wollte, war da, und zwei russische Armeen standen bereits in Ostpreußen.
Das Jahr 1915 war geprägt durch den Stellungskrieg im Westen und Schlachten in der Champagne und in Flandern; es sind hier drei Höpfigheimer gefallen. Im Osten kam es zu den ersten deutschen Offensiven und hier wurden jetzt auch vereinzelt württembergische Truppenteile eingesetzt. In Nordostpolen fiel dann auch der Höpfigheimer Albert Klumpp; er war der einzige Höpfigheimer, der im Ersten Weltkrieg im Osten gefallen ist.
1916 waren die schweren Stellungskämpfe bei Verdun in Flandern und an der Somme, bei denen sechs Höpfigheimer gefallen sind. In der Skagerrak-Seeschlacht im Mai 1916 verlor der einzige Höpfigheimer, der bei der Marine war, Adolf Krämer, sein Leben. Das Jahr 1917 war durch Stellungskämpfe und Offensiven in der Champagne, in F1andern und vor Verdun sowie der großen Flandernschlacht geprägt und dem Eingreifen der Amerikaner mit ihrer riesigen Materialüberlegenheit an der Westfront; vier Höpfigheimer sind in diesem Jahr gefallen. Im letzten Kriegsjahr 1918 erfolgte zunächst die deutsche Marne-Offensive und dann die große alliierte Gegenoffensive mit einem ungeheuren Materialeinsatz, insbesondere dem Einsatz von Tanks und Giftgas (auf beiden Seiten). Im letzten Kriegsjahr starben acht Höpfigheimer den Soldatentod, vorwiegend in F1andern und ein Höpfigheimer starb 1919 an den Folgen seiner Verwundung.
Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und die Versuche einer Dokumentation
Nach dem Waffenstillstand am 11. November 1918 marschierten die deutschen Truppen in geschlossenen Formationen in die Heimat und nur die vorher in Gefangenschaft gekommenen zehn Höpfigheimer kamen erst später zurück. Von den in Gefangenschaft Geratenen befanden sich neun in französischer und englischer Gefangenschaft – sie waren im März 1920 alle wieder zu Hause – und einer, Christoph Dambach, in russischer Gefangenschaft (seit 1916); er kam erst im Juni 1920 wieder in die Heimat. Im Jahre 1923 wollte man im äußeren Schlosshof ein „Kriegerdenkmal“ errichten. Aus finanziellen Gründen kam es jedoch nicht dazu und man begnügte sich damit, vier Holztafeln mit den Namen der Gefallenen, dem Geburts- und Todestag sowie dem Todesort anzufertigen. Die vier Holztafeln hingen bis 1945 im Schiff der Höpfigheimer Kirche und befinden sich seitdem auf der Kirchenbühne. Die Tafeln waren für mich eine gute Hilfe bei der Ermittlung der exakten Geburts- und Todesdaten. Die Ortsangaben sind jedoch oft ungenau, die Orte auf Karten zum Teil nicht auffindbar. Hier half mir das Standerdwerk „Die Württemberger im Weltkrieg“ von Otto v. Moser; in diesem umfangreichen Buch ist der Einsatz der württembergischen Regimenter tagesgenau und mit gutem Kartenmaterial versehen über den ganzen Kriegsverlauf exakt festgehalten.
Die Höpfigheimer Gefallenen des Zweiten Weltkrieges
Der Wehrdienst vor dem Zweiten Weltkrieg – Im Versailler Vertrag von 1919 wurde das deutsche Heer auf 100 000 Mann begrenzt; Panzertruppen, schwere Artillerie und Flugzeuge mussten abgeschafft werden. Das 100000-Mann-Heer, die „Reichswehr“ war eine reine Freiwilligenarmee, eine Wehrpflicht bestand nicht. Die allgemeine Wehrpflicht wurde dann erst im Dritten Reich mit dem „Gesetz über den Aufbau der Wehrmacht“ 1935 wieder eingeführt mit einem Friedensheer von 36 Divisionen statt bislang zehn Reichswehrdivisionen und einer einjährigen Wehrdienstpflicht, die dann im Jahre 1936 auf zwei Jahre verlängert wurde. Gleichzeitig wurden innerhalb der „Wehrmacht“ die drei selbständigen Teile „Heer“, „Kriegsmarine“ und „Luftwaffe“ gebildet.
Der Beginn des Zweiten Weltkrieges
Am 1. September 1939 erfolgte wegen des Streits um Danzig und den „Korridor“ der deutsche Angriff auf Polen und zwei Tage später die Kriegserklärungen Englands und Frankreichs an das Deutsche Reich: der Zweite Weltkrieg war da. Im Unterschied zum Kriegsbeginn 1914 war diesmal in Deutschland keine Kriegsbegeisterung vorhanden; die Menschen waren bedrückt und angstvoll. Man hatte die schlimmen Zeiten des Ersten Weltkrieges noch zu gut in Erinnerung. Bei Kriegsbeginn waren – im Gegensatz zu 1914 – nur wenige voll ausgebildete Jahrgänge vorhanden. Es wurden deshalb zur „Westwall Bewachung“ an den Rhein ältere Jahrgänge, die noch am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatten, kurzfristig eingezogen, hierunter auch einige Höpfigheimer. Sie kamen nach Beendigung des Krieges gegen Polen im Oktober 1939 wieder nach Hause. Im Unterschied zu 1914 wurden bei Kriegsanfang für die eigentlichen Kampfhandlungen in Polen nur aktive Truppen in beschränkter Zahl eingesetzt. Im Frankreichfeldzug, der vom 10. Mai bis 25. Juni 1940 gedauert hat, waren nur ganz wenige Höpfigheimer im Einsatz. Der aktiv bei der Infanterie dienende Wilhelm Zeeh ist dort als einziger Höpfigheimer gefallen.
Der Russlandkrieg
Am 22. Juni 1941 begann das „Unternehmen Barbarossa“, der Krieg gegen die Sowjetunion. Jetzt häuften sich für die Höpfigheimer schlagartig die Einberufungsbefehle zur Wehrmacht. Es folgte die Zeit der Sondermeldungen und siegreichen Kesselschlachten bis wenige Kilometer vor Moskau im Norden und auf die Halbinsel Krim im Süden zum Jahresende 1941. Im Jahre 1941 fielen zwei Höpfigheimer; als erster Karl Zeeh kurz vor Moskau und der Luftwaffenmajor Emil Enderle, der mit seiner Maschine Ober dem Ilmensee abgeschossen wurde. Es kam der arktische Winter 1941/42. Die deutschen Truppen mussten sich mit hohen Verlusten, vor allem durch Erfrierungen, auf die Winterstellungen zurückziehen. Im Jahre 1942 erfolgte im Juni die deutsche Sommeroffensive im Süden der Sowjetunion bis in den Nordkaukasus und an die Wolga bei Stalingrad. In diesem Jahr sind im Osten neun Höpfigheimer gefallen bzw. als vermisst gemeldet worden, hiervon allein drei im Nordkaukasus. Ende November 1942 schlossen die Russen im Kessel von Stalingrad die 6. deutsche Armee ein. Der Südkessel von Stalingrad musste am 31. Januar und der Nordkessel am 2. Februar 1943 kapitulieren. 91 000 Mann der 6. Armee fielen in russische Gefangenschaft; ganze 6 000 davon überlebten die furchtbaren Strapazen der Gefangenschaft. Die drei Höpfigheimer, die bei der 6. Armee waren, sind, so wie die meisten der in Gefangenschaft geratenen, bis heute verschollen. Stalingrad war die große Kriegswende. Der allgemeine Rückzug der deutschen Truppen mit ungeheuer verlustreichen Kämpfen begann. Im Jahr 1943 sind neun Höpfigheimer gefallen oder wurden als vermisst gemeldet. Rudolf Schaal fiel als einziger Höpfigheimer nicht im Osten, sondern in Nordafrika beim Afrikakorps und Wilhelm Kämpf verunglückte in Mazedonien. Die zwei großen Katastrophenjahre kamen jedoch erst 1944 und 1945. Im Jahre 1944 sind 17 Höpfigheimer gefallen oder vermisst worden, hiervon 13 im Osten und zwei an der Westfront. Albert Zeeh fiel als Angehöriger einer U-Boot-Besatzung. Im Juni 1944 hatte die russische Sommeroffensive gegen die Heeresgruppe Mitte eingesetzt. Die deutsche Front in Mittelrussland brach zusammen, ganze Divisionen gingen zugrunde. Hier sind fünf Höpfigheimer gefallen oder vermisst worden. Zwei Höpfigheimer sind bei der ab Juli 1944 in Estland/Lettland (Kurland) eingeschlossenen Heeresgruppe Nord gefallen.
Im Katastrophenjahr 1945 kämpften die deutschen Truppen bereits in Polen, Ostpreußen, Schlesien und Westpreußen sowie in Kurland. Zehn Höpfigheimer sind in der Zeit von Jahresbeginn bis zur deutschen Kapitulation im Mai 1945 gefallen oder vermisst worden und vier sind nachweisbar 1945 in Gefangenschaft gestorben (drei in Russischer und einer in Französischer).
Im Unterschied zum Ersten Weltkrieg waren bei und nach der Kapitulation nahezu alle Höpfigheimer Soldaten in Gefangenschaft, in den USA, in Kanada, in England, Frankreich, Jugoslawien, Polen und vor allem in der Sowjetunion. Der letzte Höpfigheimer, der aus russischer Gefangenschaft im Mai 1950 nach Hause kam, war Hermann Enderle. Er geriet als 20-jähriger, am 6. Mai 1945, in Kurland in russische Gefangenschaft.
Die Gefallenen und Vermissten der Heimatvertriebenen und Neubürger
Allgemeines zur Dokumentation – Auch von den nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg nach Höpfigheim gekommenen Heimatvertriebenen sind viele Familienangehörige gefallen oder werden noch vermisst; auch sie fielen in der Uniform der Deutschen Wehrmacht. Auf dem Höpfigheimer Gefallenen-Ehrenmal sind 12 Gefallene und Vermisste unserer Heimatvertriebenen und Neubürger aufgeführt. Hier war die Suche nach Fotos besonders schwierig, weil bei der Vertreibung oftmals außer dem Handgepäck alles verloren gegangen ist. Ich hatte mir vorgenommen, die Bild-Dokumentation in Form von großen Bildtafeln im Format 1 × 0,7m zu erstellen, damit diese Tafeln später dann an einer noch zu bestimmenden Stelle aufgehängt werden können. Es ist dann die Frage aufgetaucht, wie es mit den Gefallenen der Heimatvertriebenen gehandhabt werden soll, ob sie zusammen mit den Höpfigheimern, sowie auf dem Gefallenen-Ehrenmal, oder auf einer separaten Tafel festgehalten werden sollen. Ich habe mich für das Letztere entschieden, und zwar aus dem Grund, weil es Familien gibt, die erst nach Errichtung des Gefallenen-Ehrenmals (es wurde am 20. November 1960 eingeweiht) nach Höpfigheim kamen; ihre Gefallenen konnten deshalb auf dem Ehrenmal nicht aufgeführt werden. Es wurden deshalb eine Tafel für die Höpfigheimer Gefallenen des Ersten Weltkrieges, zwei Tafeln für die Höpfigheimer Gefallenen des Zweiten Weltkrieges und eine Tafel für die Gefallenen der Heimatvertriebenen und Neubürger des Zweiten Weltkrieges (Tafel Nr. 4) angefertigt. Die Tafel 4 kann durch weitere Namen ergänzt werden. Es ergeht deshalb die Bitte an die betreffenden Familienangehörigen, die ihre Gefallenen auf dieser Gedenktafel aufgenommen haben wollen, mir dies kund zu tun.
Die Gefallenen und Vermissten der Heimatvertriebenen
Von den zwölf auf dem Gefallenen-Ehrenmal festgehaltenen Gefallenen unserer Heimatvertriebenen sind zehn im Osten in den Jahren 1942 bis 1945 gefallen oder als vermisst gemeldet worden; zwei sind in den Jahren 1945/46 in russischer Gefangenschaft gestorben. Der Vater der beiden gefallenen Brüder Bünger fiel, 57jährig, als Volkssturmhauptmann bei der Verteidigung seiner schlesischen Heimatstadt Liegnitz. Der „Volkssturm“ wurde im Oktober 1944, als die deutschen Fronten schon überall zusammenbrachen, als letztes deutsches Aufgebot zur Unterstützung der deutschen Truppen bei der Verteidigung des Reichsgebietes aufgestellt. Volkssturm pflichtig waren alle männlichen Deutschen vom 16. bis 60. Lebensjahr, die nicht schon bei der Wehrmacht waren. Man griff hier auf das preußische Landsturm Edikt von 1813 zurück, wo der Landsturm „zum Volkskrieg gegen den Ober die Landesgrenze vordringenden Feind“ (damals Napoleon) als eine Art Volksheer aufgestellt worden war. Während der Volkssturm im westlichen Deutschland kaum Bedeutung hatte, wurde er in den Ostgebieten zunächst zum Schanzen beim Bau von Abwehrstellungen und dann aber auch, schlecht bewaffnet, zu Abwehrkämpfen gegen die Rote Armee eingesetzt. Obwohl durch Armbinden als Kombattanten gekennzeichnet, wurden die Volkssturmleute oftmals bei oder nach der Gefangennahme erschossen. Die Ungarndeutschen, die ja ungarische Staatsbürger waren, sind beim Einmarsch der Roten Armee nach Ungarn zu schnell aufgestellten deutschen Waffen-SS Einheiten eingezogen worden. Sie wurden dann zu einem großen Teil bei der Verteidigung der von Dezember 1944 bis Februar 1945 von den Russen eingeschlossenen ungarischen Hauptstadt Budapest eingesetzt und haben dort sehr hohe Verluste erlitten. Von der 1946 nach Höpfigheim gekommenen und aus Südungarn stammenden Familie Ruck sind hier ein Sohn und ein Bruder als vermisst gemeldet worden.
Zur Übersichtskarte über die Gefallenen-Orte
Der Vergleich des Ersten Weltkrieges mit dem Zweiten Weltkrieg zeigt folgende Unterschiede, die aus der Übersichtskarte auch klar erkennbar sind: Der Erste Weltkrieg war bis auf die ersten zwei Monate des Jahres 1914 im Westen ein reiner Stellungskrieg. Nur im Osten kam es zum Bewegungskrieg. Die Höpfigheimer waren hauptsächlich im Westen eingesetzt und deshalb liegen hier fast alle Gefallenen Orte. Die Gräber befinden sich zumeist an der Somme und in Flandern; hier fanden die großen Schlachten des Ersten Weltkrieges statt. Der Zweite Weltkrieg war ein Bewegungskrieg in einem riesigen Raum und gekennzeichnet durch verlustreiche Rückzugkämpfe über gewaltige Entfernungen. Dies zeigt auch die Zahl der Vermissten, die im Ersten Weltkrieg nur vier und im Zweiten Weltkrieg bei den Höpfigheimern 15 betrug. Im Ersten Weltkrieg kämpften die Höpfigheimer in wenigen geschlossenen württembergischen Regimentern, im Zweiten Weltkrieg waren sie in der Wehrmacht auf viele Truppenteile verteilt, sodass es schon eine Seltenheit war, wenn sich zwei Höpfigheimer in der gleichen Division trafen. Wenn man an Stalingrad oder an die Katastrophe der Heeresgruppe Mitte im Sommer 1944 denkt, dann kann man sagen, dass es wahrscheinlich gut war, dass die Württemberger kein eigenes Armeekorps wie im Ersten Weltkrieg hatten, das dann eventuell in einer der Katastrophen-Schlachten untergegangen wäre.
Zusammenfassung und Ausblick
Über die Gefallenen des Ersten Weltkrieges konnten, weil die Zeit schon zu weit fortgeschritten ist, von den Angehörigen kaum mehr Angaben gemacht werden. Eine umfangreiche Literatur und Regiments-Geschichtsschreibung, die gleich nach dem Ersten Weltkrieg eingesetzt hat, hilft hier jedoch bei der Nachforschung. Für die im 13. württembergischen Armeekorps Gefallenen finden sich auch im Militärarchiv des Staatsarchiv Stuttgart Unterlagen, wenn auch nicht immer komplett. Bei den Gefallenen des Zweiten Weltkrieges konnte zum großen Teil auf die Angaben und Unterlagen der Angehörigen zurückgegriffen werden. Eine der Geschichtsschreibung über den Ersten Weltkrieg ähnliche Literatur gibt es nicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde jedoch zur Aufklärung von Gefallenen und Vermisstenschicksalen die „Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht“ mit dem Sitz in Berlin geschaffen. Über diese Behörde war es möglich, Todestag, Todesort und letzte militärische Einheit von einer Reihe Höpfigheimer Gefallener und Vermissten zu ermitteln.
Im Genfer Abkommen von 1929 „über die Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Gefallenen“ verpflichteten sich die Unterzeichner, auch für die Gräber der Kriegsgegner zu sorgen. Die Sowjetunion hat dieses Abkommen nicht mitunterzeichnet. Die Deutschen hatten im Zweiten Weltkrieg spezielle Gräberoffiziere für die Anlage, kartografische Einmessung und Betreuung von Gefallenenfriedhöfen aufgestellt. Von den russischen Truppen wurden dann aber fast alle deutschen Gefallenenfriedhöfe eingeebnet.
Seit der Wende in Russland hat sich dort auch die Einstellung zu den deutschen Gefallenen, die in Russland beerdigt wurden, grundsätzlich geändert. Es sind ja immer noch 1,3 Millionen Wehrmachtssoldaten und eine halbe Million deutsche Zivilisten, die verschleppt wurden, vermisst. Man ist jetzt von russischer Seite aus sehr behilflich bei der Klärung von Vermisstenschicksalen und auch bei der Suche und Instandsetzung deutscher Soldatenfriedhöfe. Moskau will zudem seine bislang verschlossen gehaltenen Archive über Kriegsgefangenenlager zur Auswertung freigeben. Das ist eine gute Nachricht, denn die gegenseitige Achtung der Gefallenen ist das beste und schönste Zeichen einer echten Völkerverständigung und -freundschaft. Unser aller Verpflichtung ist es, das Gedenken an unsere Gefallenen, die in den zwei großen Katastrophen unseres Vaterlandes ihr Leben lassen mussten, zu wahren und an die Nachkommenden weiterzugeben. Die letzte Nachricht, die aus der Schnee- und Eiswüste des Stalingrader Nordkessels – schon nach der Kapitulation – aufgefangen werden konnte, war ein Funkspruch einer einsamen deutschen Funk- und Wetterstation der 6. Armee: „Grüße an die Heimat, vergesst uns nicht“. Möge dies Pflicht und Verpflichtung für uns alle sein!