Verein zur Erhaltung des Höpfigheimer Schlößles und zur Pflege der Ortsgeschichte e. V.  Neque nihil neque nimis - Weder nichts, noch zuviel
 

Was in Höpfigheim bemerkenswert war:

Das „älteste Buch“ Höpfigheims
Die älteren Höpfigheimer können sich sicher noch an Hermann Enderle erinnern, denn er war öfters in Höpfigheim zu Besuch. Er verfasste eine 66 Seiten große Stamm- und Nachfahrentafel der Familie Enderle, die eine sehr gute Auskunft über die Verwandtschaftsverhältnisse der Höpfigheimer gibt. Hermann Enderle hat auch das o. a. Kaufbuch mit 378 Seiten ausgewertet und eine Schreibmaschinen-Abschrift von diesem „ältesten vorhandenen Buch Höpfigheims“ gefertigt. Er hat zudem im Sommer 1940 mit Unterstützung einiger ehrenamtlicher Hilfskräfte und der Volksschuloberklasse die Höpfigheimer Archivbestände, die seit 1820 (damals erwarb die Gemeinde das Schlössle) auf der Bühne des Schlössles abgelegt waren, geordnet und im „Archivzimmer“ im Dachgeschoss untergebracht.
Im Jahre 1978 kamen dann die Bestände in den dafür hergerichteten Raum im „Törle“. Der Kreisarchivpfleger und pensionierte Volksschulrektor Theodor Bolay hat die Sachen beim Umzug geordnet und ein sehr gutes Bestandsverzeichnis angefertigt. In diesem Verzeichnis erscheint jedoch das „älteste Buch“ nicht; es war also beim Umzug nicht mehr vorhanden. Wohin es verschwunden ist, das weiß man nicht. Wir können aber froh darüber sein, dass es die von Hermann Enderle gefertigte Abschrift gibt, die auch eine Auswertung enthält insbesondere was die Höpfigheimer Familiennamen vor dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) betrifft. In diesem fürchterlichen Krieg mit großen Menschenverlusten – im Herzogtum Württemberg betrugen die Verluste 60 bis 70 % – starben viele Familien aus und viele Höpfighelmer Familien aus der Zeit vor 1620 gab es nach dem Krieg nicht mehr. Hermann Enderle hat eine Schätzung der Einwohnerzahl Höpfigheims vorgenommen und kommt für das Jahr 1600 auf rund 800 und für 1640 auf nur noch 200 Personen.
Nach dem Franzoseneinfall hat der damalige Pfarrer Friedrich Pfaff Anno 1695 eine Liste der Höpfigheimer Haushaltungen angelegt. Es sind dies (mit Nachträgen bis 1702) folgende Namen: Biber, Bronner, Dietrich, Dorn, Enderle, Farion, Heer (Schulmeister), Hertzer, Hoch, Hößmann, Klinger, Klumpp, Kodweiß, Kupferschmid, Leiden, Lipp, Lutz, Nafzger, Niethammer, Pfaff (Pfarrer), Sperr, Stolz, Thumm, Trostmann, Volkhart, Wagner, Wägerlein, Wörner, Wüst, Zäh, Zeller (Schultheiß).
Was lässt sich hieraus erkennen?
Die Zahl der im Kauf- und Kontraktbuch 1590-1620 stehenden Höpfigheimer Familiennamen beträgt rund 120 und von diesen Namen sind bis 1700 nur Herzer, Lutz, Nafzger, Niethammer, Scherb, Schmid, Wagner, Wägerle und Zeh geblieben. Ungefähr 30 neue Namen sind um 1700 dazugekommen. Der Dreißigjährige Krieg hatte viele Familien ausgelöscht. Zugezogen sind dann Menschen aus den Gebieten, die vom Krieg verschont geblieben sind. Es waren dies die Alb, der Schwarzwald und vor allem die Alpenlandschaften. Das hängt damit zusammen, dass die Heere in jenen Zeiten sich dort aufhielten, wo leicht viel zu holen war, denn sie haben sich vom Umland ihrer Kriegszüge verpflegt. Die Feldzüge haben sich deshalb immer in der Ebene mit guten Böden, reichen Städten und Dörfern abgespielt, nie im Gebirge, wo es karg zuging und wo es zudem für ein Heer mit Reiterei und Tross schwierig war, überhaupt hinzukommen. So ist bei der von Pfarrer Pfaff erstellten Liste der Haushaltungen um 1700 bei zwei Namen ein Vermerk über die Herkunft notiert: Michael Enderle kam 1701 von Dottingen bei Münsingen und Martin Klumpp von Calw nach Höpfigheim, also von der Alb und dem Schwarzwald.

Probleme in der Höpfigheimer Schule im Jahre 1883 wegen der angestiegenen Zahl der Schulkinder und der Einführung des Turnens bei Knaben
Im Sitzungsprotokoll der Höpfigheimer über die gemeinsame Sitzung von Gemeinderat, Bürgerausschuss und Ortsschulbehörde vom 10. September 1883 heißt es wie folgt:
In einem Erlass des Königlichen Konsistoriums und des Königlichen Oberamtes vom 29. August 1883 wird die hiesige Gemeinde und Ortsschulbehörde, da die Zahl der schulpflichtigen Kinder 150 übersteige, aufgefordert, darüber Beschluss zu fassen, dass statt dem seitherigen Lehrergehilfen ein Unterlehrer eingestellt werde. Auf diese Aufforderung wird, nachdem der Ortsvorsteher hiervon Vortrag erstattet hat, von der Gemeinde und Ortsschulbehörde einstimmig beschlossen:
1. Die Bitte an das Königliche Konsistorium zu stellen, die hiesige Gemeinde von der Anstellung eines Unterlehrers zu suspensieren, weil ohne Zweifel durch die Einstellung eines Unterlehrers der Gemeindekasse ein weiterer Kostenaufwand von 150 Mark erwachsen würde, auch dieselbe infolge eines Straßenbaues mit ca. 12.000 Mark Schulden belastet sei und zur Zeit eine Gemeindeschadens-Umlage von 5.300 Mark hat, sodass die Steuercontribuenten derart in Anspruch genommen sind, dass ein weiterer Aufwand nicht mehr gemacht werden kann.
2. Und wird auch von der hiesigen Einwohnerschaft die Anstellung eines Unterlehrers nicht gewünscht.
Bürgerausschuss: Dambach, Nafzger, Kraft, Deyhle, Nafzger
Gemeinderath: Kraft, Oehler, Thumm, Dambach, Wagner, Kraft [II], Zeeh
Ortsschulbehörde: Pfarrer Nefflen, Schultheiß Klumpp, Schullehrer Unger
Anmerkungen:
Um die damaligen Verhältnisse in Höpfigheim verstehen zu können, bedarf es einiger Erläuterungen.
In Württemberg bestand seit 1649 Volksschulpflicht. Nach dem Volksschulgesetz von 1836, das bis 1909 galt, war jedes Kind vom 6. bis zum 14. Lebensjahr schulpflichtig. Jede Gemeinde hatte eine Schule auf ihre Kosten zu unterhalten; auch die Lehrerbesoldung, die zu einem Teil noch in Naturalien (Getreide, Brennholz) erfolgte, war Sache der Gemeinde.
Gegenstand des Unterrichts in der Volksschule war: Religions- und Sittenlehre, Lesen, Schreiben, deutsche Sprache, Rechnen und Singen. Die Eltern der Höpfigheimer Schulkinder mussten Schulgeld in Höhe von 2 Mark pro Jahr und Kind an die Gemeinde bezahlen. An jeder Schule waren bei bis zu 90 Kindern ein Lehrer und bei 90 bis 180 Kindern zwei Lehrer anzustellen.
Die Schulaufsicht über die Schule hatten der Ortsschulinspektor und die Ortsschulbehörde. Ortsschulinspektor war der jeweilige Ortspfarrer, also hier der damalige Pfarrer Nefflen. Er hatte die Schule und den Unterricht des Lehrers durch regelmäßige Kontrollen zu beaufsichtigen und auch den Lehrer zu beurteilen. Der Ortspfarrer war also der Vorgesetzte des Schulmeisters, was in manchen Gemeinden öfters zu Reibereien geführt hat. Die Ortsschulbehörde bestand aus dem Pfarrer, einem Kirchengemeinderat und dem Schulmeister. Es gab dann noch den übergeordneten Bezirkschulinspektor, meist der evangelische Dekan, und dann als Oberschulbehörde das evangelische Consistorium.
Neben dem auf sechs Jahre gewählten Gemeinderat gab es damals noch einen auf zwei Jahre gewählten Bürgerausschuss mit einem Obmann als Vorsitzenden, der so viele Mitglieder wie der Gemeinderat hatte und der in den vom Gesetz vorgeschriebenen Fällen zu den Gemeinderatssitzungen geladen werden musste. Der Ort Höpfigheim hatte um 1883 rund 750 Einwohner und wie wir aus dem Gemeinderatsprotokoll gesehen haben, über 150 Schulkinder. Der damalige Kinderreichtum in Deutschland zeigt sich hier.
Wie ein Lehrer mit einem Gehilfen 150 Kinder in zwei Räumen unterrichten konnte, das ist heute allerdings schwer zu verstehen. Dies zum Verständnis der früheren kommunalen Verhältnisse.
Weil die Höpfigheimer Gemeinde für die Besoldung eines zweiten Lehrers, eines „Unterlehrers“ aufzukommen hatte, sträubte man sich, einen solchen einzustellen.
Das Jahresgehalt des Schulmeisters lag in Höpfigheim bei rund 900 Mark, das des Lehrgehilfen bei rund 500 Mark. Ein ausgebildeter Unterlehrer hätte aber rund 700 Mark gekostet.
Die Gemeindeschadensumlage wurde erhoben, wenn die Ausgaben am Jahresende höher waren als die Einnahmen und ein Defizit bestand; man machte dann bei den Bürgern eine einmalige Umlage zur Abdeckung des Defizits.
Bei dem erwähnten Straßenbau handelt es sich um den Bau der Straße Höpfigheim bis Blattertkreuzung 1880/81, bei dem sich die Gemeinde finanziell beteiligen musste. Die Obrigkeit ließ aber nicht locker und stellte der Gemeinde Höpfigheim ein Ultimatum. Diese musste bis Georgii [23. April] 1884 die Lehrergehilfenstelle in eine Unterlehrerstelle umwandeln, für welche die Gemeinde dann – einschließlich 7,5 Zentner Dinkel – ein Jahresgehalt von 659 Mark und 44 Pfennig zu berappen hatte.
Wie sehr man mit den gemeindlichen Ausgaben geknausert hat, das zeigt das Protokoll einer eine Woche später abgehaltenen Gemeinderatssitzung. In einem Erlass der Oberschulbehörde und des Bezirksschulinspektors in Marbach war die Einführung des Turnunterrichts bei den Knaben (nicht bei den Mädchen) angeordnet worden. Es sollten für die Anschaffungskosten von 25 Mark für die nötigen Turngeräte 15 Mark aus der Schulfondskasse und 10 Mark aus der Gemeindekasse bewilligt werden. Der Gemeinderat stimmte dem zu. Vom Bürgerausschuss verweigerten dann aber drei Mitglieder ihre Zustimmung zur Beteiligung der Gemeindekasse. Um das Projekt nicht scheitern zu lassen, erklärten sich Schultheiß und Pfarrer schließlich bereit, die 10 Mark aus „ihrem Privatbeutel“ zu bezahlen.
In einer Kleinbauern- und Wengerter-Gemeinde ging es damals eben sehr sparsam zu; Geld war stets Mangelware, Schuldenmachen galt als höchst gefährlich und sündhaft, und es kam dann noch hinzu, dass man für sportliche Dinge in den bäuerlich-pietistischen Familien nichts übrig hatte. Bereits die Schulkinder waren in den bäuerlichen Arbeitsprozess fest integriert und die Schulferien voll auf Heu-, Getreide-, Kartoffel- und Traubenernte abgestimmt. An Bewegung hat es den damaligen Höpfigheimer Bauernkindern wahrlich nicht gefehlt.

Erstattung von Strafanzeigen wegen Überschreitung der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit
Weil der Verkehr in unserer Hauptstraße sehr stark geworden ist und insbesondere schnell fahrende Lkws für die Anwohner sehr lästig sind, wurde in den vergangenen Jahren schon öfters der Wunsch nach einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/Stunde laut.
Eine solche Begrenzung wurde aber bislang von der Verkehrsbehörde stets abgelehnt. Wenn wir in unseren alten Gemeinderatsprotokollen zurückblättern, dann können wir feststellen, dass sich bereits im Jahre 1927 die Anwohner der Hauptstraße über den zu schnellen Autoverkehr beschwert haben. Damals war die Hauptstraße weder geteert, noch kanalisiert; auf der Straße fuhren Pferde- und Kuhgespanne, und in ganz Höpfigheim gab es sicher keine fünf Autobesitzer.
Im Oktober 1927 hat deshalb der Höpfigheimer Gemeinderat unter Vorsitz des damaligen Bürgermeisters Kaiser die höchst zulässige Fahrgeschwindigkeit für alle Arten von Fahrzeugen innerhalb Ortsetters auf 20 km/Stunde festgesetzt. Das zuständige Oberamt in Marbach (Höpfigheim gehörte bis 1938 zum Oberamt Marbach und dann zum Landkreis Ludwigsburg) verweigerte jedoch die Zustimmung zu dieser Höpfigheimer Polizeiverordnung. In der Gemeinderatssitzung vom März 1928 wurde über diese Ablehnung verhandelt. Im Sitzungsprotokoll dieser Sitzung heißt es:
Bei nochmaliger Beratung der Angelegenheit wird besonders hervorgehoben, dass in der Hauptstraße ziemlich schmale und kurze Hofeinfahrten direkt auf die Straße gehen, so dass es in letzter Zeit vorgekommen ist, dass Kinder beim Betreten der Straße beinahe vom Auto überfahren worden wären. Der Gemeinderat bittet deshalb das Oberamt, die betreffende ortspolizeiliche Vorschrift zu genehmigen.
Das Oberamt Marbach, das räumlich den Höpfigheimer Belangen sicher etwas näher stand als jetzt das Landratsamt in Ludwigsburg, hatte ein Einsehen, wie aus der dem Gemeinderatsprotokoll vom 20. August 1928 hervorgeht:
Nachdem die ortspolizeiliche Vorschrift vom 24. Oktober 1927, betr. Verkehr mit Kraftfahrzeugen innerhalb Etters vom Oberamt Marbach genehmigt worden ist, ist behufs Erstattung von Strafanzeigen wegen Überschreitung der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit ein Hilfsschutzmann aufzustellen. Hermann Brosi, früher bei der Reichswehr, ist bereit, diese Funktion zu übernehmen. Beschluss: Den Hermann Brosi von heute an als Hilfsschutzmann aufzustellen und ihm pro Stunde Dienstzeit 1 RM (Reichsmark) als Belohnung zu verwilligen.
Anmerkung des Verfassers:
Wie man sich die Durchsetzung der Geschwindigkeitsbegrenzung vorgestellt hat, das geht aus den Akten nicht hervor. Messgeräte standen ja damals noch nicht zur Verfügung. Ob kontrolliert und wie oft bestraft wurde, lässt sich auch aus den Gemeindepfleger-Rechnungsbüchern der Jahre 1928/29 nicht entnehmen, weil dort nur summarisch „Geldstrafen“ angegeben sind, aber nicht um welche Art es sich dabei handelt. Auch Besoldungsausgaben für einen Hilfsschutzmann sind dort nicht aufgeführt. Es ist anzunehmen, dass die ganze Angelegenheit nicht mehr weiterverfolgt worden ist.
Hermann Brosi, Bauer und Weingärtner (sein Haus war nordwestlich an das Gasthaus „Krone“ angebaut) stammte aus Großbottwar. Er war Soldat im Ersten Weltkrieg und blieb dann nach Kriegsende noch eine Zeit lang bei der neu geschaffenen „Reichswehr“ (das nach dem Versailles Vertrag auf 100.000 Mann beschränkte deutsche Heer). Er war dort in der Küche tätig.
Hermann Brosi war ein sehr geschätzter Bürger und Höpfigheimer Hausmetzger, der eine hervorragende Wurst, insbesondere Bratwürste, machen konnte.

Verfasser: Dr. Gustav-Adolf Thumm